Pop-Up-Supermarkt: tegut teo will der Helfer in der Not sein

Interview mit Thomas Stäb von tegut teo

Das innovative Ladenkonzept von tegut teo wurde mit dem Reta-Award des EHI Retail Institutes, dem Store of the Year 2021-Award des Handelsverbands Deutschland e.V. (HDE) und dem Innovationspreis des Handels 2020 ausgezeichnet. Im November 2020 öffnete der erste Pop-Up teo-Markt in Fulda seine Türen, der über 900 Produkte für den täglichen Bedarf bietet und mit einem begrünten Dach, einer DHL-Packstation, einer Mini-Bücherei, einer Sitzbank und Fahrradwerkzeug ausgestattet ist. Wir sprachen mit Vertriebsleiter Thomas Stäb über Vor- und Nachteile von digitalisierten Supermärkten, die tegut teo App, engagierte Bürgermeister und Versorgungslücken im ländlichen Raum.

17.06.2021

Herr Stäb, “tegut teo” ist praktisch ein digitalisierter Pop-Up-Supermarkt mit reduziertem Sortiment. Was genau steckt hinter dem Konzept von tegut teo?

Quelle: tegut

Der teo Markt zeichnet sich dadurch aus, dass er versucht, immer ganz nah beim Kunden zu sein. Man braucht keine langen Anfahrtswege. Wir gehen in die Ecken, an die Standorte, wo viele Menschen wohnen, arbeiten, studieren oder in die direkte Nähe zu Kliniken. Was das Sortiment angeht, gibt es eine geringere Auswahl, insgesamt 950 Artikel. Das ist so ausgewählt, dass es für die Mahlzeiten des Tages passt. Dazu gibt es Artikel des persönlichen Bedarfs wie Zahnpasta oder Zahnbürste. Wir achten da auch auf einen vernünftigen Preis, damit der Kunde nicht das Gefühl hat, dass er durch seine “Notsituation”, weil er etwas unbedingt braucht bei tegut ausgebeutet wird. Das tegut-teo-Prinzip will der Helfer in der Not sein, wenn man mal etwas vergessen hat. Uns ist es wichtig, eine Vor-Ort-Versorgung im ländlichen Raum anzubieten.

Wie ist die Idee zu tegut teo entstanden? Warum ein Pop-Up-Markt?

Es gab ein Projekt, was 2018 ins Leben gerufen wurde. Da haben wir erst einmal den Markt sondiert: Welche spannenden Konzepte gibt es momentan auf dem europäischen Markt? Was ist das, was der Kunde in der Zukunft beim Einkaufen brauchen wird? Daraus wurden zehn Ideen entwickelt, tegut hat sich dann auf vier Konzepte fokussiert. Eines davon ist tegut teo.

Mit welchen Partnern arbeiten Sie bei dem Projekt zusammen?

Wir haben einen Entwicklungspartner, Design for Human Nature, ein Design- und Ingenieursbüro aus Hamburg. Wir hatten zunächst einen Pilot-Shop in der Zentrale entwickelt - einen klassischen Containerbau, um die Technik zu testen und Marktreife zu erlangen. Denn die Kunden sind im teo ja komplett auf sich selbst gestellt, d.h. die Technik muss 24 Stunden lang an sieben Tagen die Woche funktionieren. Dabei haben wir schnell festgestellt, dass der Containerbau bei Standortgebern nicht so gut angenommen wird. Daher haben wir uns entschlossen, mit Design for Human Nature zusammenzuarbeiten. Sie haben den Pop-Up-Markt in der jetzigen Form für uns entworfen.

Wie wählen Sie neue Standorte für einen Pop-Up-Supermarkt aus?

Zurzeit ist es tatsächlich so, dass viele Standorte auf uns zukommen und das teo-Konzept haben möchten. Wir haben aktuell über 100 Standortanfragen in unserem Einzugsgebiet. Auch strategische Partner auf Bundesebene sind auf uns zugekommen, um einen Prototyp mit teo zu entwickeln. Denn gerade im ländlichen Raum mangelt es überall an Einkaufsmöglichkeiten. Wir werden jetzt eine Handvoll Pop-Up-Märkte aufstellen und dabei Erfahrungswerte sammeln. Erst nach 20 bis 30 Märkten hat man valide Zahlen, um sagen zu können, welche Standorte sich rechnen.

Wird das Projekt gefördert?

Wir sind im Grunde auf uns alleine gestellt. Es gab bereits Landräte, die auf uns zugekommen sind und sagten, das Konzept sei förderungswürdig. Aber tegut selbst als Unternehmen braucht und bekommt keine Förderung, was ja positiv ist (lacht). Ein Ansatz könnte sein, dass eine Gemeinde gefördert wird, die das Grundstück herrichten muss. Es muss ein Fundament für teo auf der grünen Wiese gebaut werden. Damit diese Erschließungskosten für die Gemeinde wegfallen, denn das können schnell 20.000 bis 30.000 Euro sein. Hier könnte eine staatliche Förderung sehr hilfreich sein. Für uns wiederum würde das eine niedrigere Miete bedeuten. Ich glaube, hier ist durchaus noch Spielraum.

Im Imagevideo wird ein Pärchen zwischen 20 und 30 gezeigt. Wissen Sie etwas über die Zielgruppen, wer kauft bevorzugt bei tegut teo ein?

Dazu können wir momentan leider kaum etwas sagen. Aufgrund des Datenschutzes generieren wir wenig verfügbare Daten im teo-Markt. Im Grunde wollen wir aber Jeden erreichen. Vom 14-jährigen Schüler, der nach der Schule ein Snickers und eine Cola kauft bis zu 75-jährigen alleinlebenden Rentnerin, die sich freut, weil sie nur zwei Straßen weiter einkaufen kann. Beide Zielgruppen haben wir schon im teo-Markt erlebt. Interessant ist auch die Frage, tun sich die älteren Kunden mit der Technik schwer? Wir beobachten, sie bekommen das sehr gut hin!

Kunden können im tegut teo Markt mit der App bezahlen. Was wird mehr genutzt, die App oder die Bezahlung per Geldkarte?

Der Großteil läuft derzeit noch über die Geldkarte. Das liegt wahrscheinlich daran, dass der Kunde sich noch schwertut, seine EC-Kartendaten in eine App einzugeben. Da gibt es noch nicht das größte Vertrauen. Ich denke, das ist ein Prozess, der noch kommen wird. Man sieht, dass die Nutzung der App sukzessive ansteigt.

Stichwort Corona: Gibt es ein Limit für die Kundenanzahl im Pop-Up-Markt? Wie viele Menschen passen hinein? Stoppt das System weitere Besucher?

Wir haben verschiedene Maßnahmen. Draußen und im Markt hängen präventiv Plakate zum Mindestabstand und zur Maskenpflicht. Im teo-Markt sind außerdem Bodenmarkierungen angebracht, die auf den Abstand hinweisen. Laut Corona-Auflagen dürfen nur fünf Personen im Pop-Up-Markt sein. Über das Zugangsmodul können wir steuern, dass keine sechste Person mehr eintreten darf, wenn fünf Personen im Markt sind. Das geht erst wieder, wenn ein Kunde den Markt verlässt.

Hatten Sie bereits Probleme damit, dass Produkte im teo-Markt entwendet wurden?

Wir setzen zu hundert Prozent auf Prävention. D.h. wir machen den Kunden darauf aufmerksam, dass er bereits beim Eintreten mit der Kamera aufgezeichnet wird. Wir haben im teo-Markt Kameras, die alles überwachen. Es gab bislang nur einen Diebstahl, den wir ausfindig gemacht und zur Strafanzeige gebracht haben. Über die Kamerasysteme können wir nachverfolgen, was mit einem Artikel passiert. Natürlich wollen wir kein “totales Überwachungssystem” im teo, aber wir müssen da schon vorbeugen.

Glauben Sie, dass sich der Online-Lebensmittelhandel zu einer großen Konkurrenz für den stationären Handel entwickeln wird?

Ich glaube, dass der Online-Lebensmittelhandel Potenzial hat, wenn er an Geschwindigkeit gewinnt. Wenn der Kunde online Lebensmittel bestellt und sie werden so schnell geliefert wie beispielsweise eine Pizza, dann ist das charmant. Allerdings sind die Anbieter noch nicht so weit. Wenn die Anbieter so professionell wären, könnte das tatsächlich eine Konkurrenz für den stationären Handel sein.  

Welche Pläne gibt es für das Jahr 2021? Wie viele Neueröffnungen von tegut teo sind geplant?

Konkret sind wir kurz davor, den dritten tegut teo Markt zu eröffnen. Wir werden noch vier bis fünf weitere teo Märkte mit der Stadt Fulda gemeinsam organisieren, so dass wir hier in der Umgebung bei acht sind. Außerdem sind zwei bis drei Standorte außerhalb des Einzugsgebietes Fulda geplant. Insgesamt möchten wir in diesem Jahr also noch zehn weitere Märkte realisieren.

Wie lange dauert es, einen Pop-Up-Markt aufzubauen?

Das ist sehr unterschiedlich. Zwischen vier und zehn Monaten ist alles möglich. Am schönsten ist es, wenn Sie einen engagierten Bürgermeister treffen, der das Baugenehmigungsverfahren beschleunigt und sie in drei bis vier Monaten öffnen können. Das haben wir schon erlebt. Da zeigt sich die Kraft von kleineren Gemeinden, wo kein großer Verwaltungsapparat gefragt ist. Das macht wirklich Spaß in der Zusammenarbeit. Je größer die Stadt ist, desto länger dauert der Prozess. Tatsächlich ist die ländliche Gegend für uns schneller zu besiedeln.

Herr Stäb, vielen Dank für das Gespräch.

Weitere Fotos

Thomas Stäb (zweiter von links) vor dem Pop-Up-Supermarkt in Fulda. - Quelle: tegut

 

Quelle: tegut

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